Tomio Seike

Atmosphäre ist das Medium durch das wir alles erkennen. Um also in einer Fotografie dies wieder erkennen zu können, muss Atmosphäre im Bild vorhanden sein.
(Stieglitz , A plea for art photography in America, 1892)

Tomio Seike (geb. 1943 in Tokio) arbeitet seit den frühen 70er Jahren an seinen kleinformatigen, Sepia getonten Serien in Schwarz/Weiß. Seine wunderbaren von Hand gefertigten Abzüge sind vor allem in Amerika und Großbritannien hoch geschätzte Sammlerstücke. Wie in der klassischen Fotografie üblich, arbeitet er an Serien von Städten, Portraits und Landschaften. Traditionell, in seinem eigenen, ruhigen Rhythmus verhaftet, entstehen dadurch manchmal nur drei bis vier Arbeiten im Jahr. Seine Arbeiten halten die stillen, kleinen Momente fest, die in einer heutigen hektischen Außenwelt sonst schnell am Betrachter vorüberziehen.

Von der frühen Philosophie und Sichtweise der Fotografie beeinflusst, lassen seine Bilder Raum zum Sehen. Die Werke strahlen meist eine meditative Ruhe aus, sind aber gleichzeitig so komplex, dass der Betrachter oft im ersten Augenblick an ihnen vorbeieilt. Erst auf den zweiten Blick verlangen sie dem Betrachter ab, einen Moment innezuhalten.

Eine seiner Werkgruppen zeigt Paris, wo er Anfang der 90er Jahre fotografierte. Ähnlich Bretons Nadja der surrealistischen 30er Jahre, flaniert seine Kamera durch die Straßen eines modernen Paris und findet Momente ohne Zeit: Treppenstufen, dunkle Ecken an den Seinebrücken, Gläser an der Theke eines Restaurants, das sichtbare Bein einer Frau auf einem Bett oder eine Hand, die grazil auf einem Tisch aufliegt. Die Pariser Bilder scheinen €fast ohne Licht zu sein, ein diffuser Zauber hüllt sie ein.

Über fünf Jahre hinweg begleitete er so auch eine Frau: ZOE Leonard. Hier experimentierte er mit der Rolle des Künstlers und der Muse. Eine Thematik, die seit Anfang der Kunstgeschichte immer wieder aufgegriffen wurde. Von Tokio über London, Paris und schließlich New York entstand die fotografische Serie über das Sein dieser Frau und bekannten Konzept Künstlerin und die großen und kleinen Veränderungen in ihrem Leben. Die Fotografien haben eine große Intensität, sind persönlich fast intim und doch spürt man, der Fotograf war nur der Betrachter.

„Ich erkenne Dinge in den Fotografien wieder. Meinen Ring, der letztes Jahr gestohlen wurde. Das Unterhemd trage ich noch manchmal. Dzidka's gelbe Teetassen und ihre Wohnung, die seit ihrem Tod verschlossen ist... die Fotografie kann lügen oder sie erzählt die Wahrheit einer Person. Die Fotografie hat schlussendlich das letzte Wort..." (Zoe Leonard)

Seine neueste Serie sind Wasserlandschaften, an denen er seit Ende der 90er Jahre arbeitet. Hier führt er seine früheren Themen weiter, wobei er aber oft, fast komplett abstrahiert. In seiner typisch langsamen Annäherung an das Sujet, beschäftigt er sich mit den Reflektionen des Wassers, der Natur und wieder der Stille. Er spielt gleichzeitig mit der Tradition der frühen Landschaftsfotografie sowie mit der Malerei des 20. Jahrhunderts. Am Wichtigsten ist ihm jedoch, wie in allen seinen Arbeiten, die von Stieglitz beschriebene Atmosphäre, die der Natur den Status wiedergibt, der ihr gebührt. Seikes Vision ist einzigartig.

Tomio Seike stellt seit 1984 international aus, vor allem in den Vereinigten Staaten, Japan, Großbritannien und Frankreich. Seine Arbeiten befinden sich in den Sammlungen der Bibliothèque Nationale (Paris), dem Maison Européenne de la Photographie (Paris), dem Houston Museum of Fine Arts (USA), dem Santa Barbara Museum of Art (Kalifornien), sowie in der Sir Elton John Collection.

Arbeiten des Künstlers

Sehen Sie alle Arbeiten aus den Serien:

  • Paris
  • Waterscapes
  • Zoe