Helen Levitt

Die Ästhetik ist bereits in der Wirklichkeit vorhanden." (Helen Levitt)

Seit weit über einem halben Jahrhundert besetzen Helen Levitts Arbeiten leise eine der wichtigsten Positionen der amerikanischen Fotografie. Bereits 1943 hatte sie ihre erste Einzelausstellung im Museum of Modern Art, New York. Bei der documenta X wurden ihre Arbeiten in einem zeitgenössischen Zusammenhang wiederentdeckt.

Am Bekanntesten ist Helen Levitt für ihre Fotografien auf den Straßen der Lower East Side und Harlems in New York der 30er und 40er Jahre. Dies führte sie auf pionierhafte Weise in Farbe und in Schwarzweiß in den 60er Jahren bis in die 90er Jahre fort.

In Levitts Fotografien fungiert die Straße als Ort des Geschehens wie eine Bühne und steht somit mit dem inhärenten Interesse der 30er Jahre an der Stadt als Vision der Zukunft in direktem Zusammenhang. Kontextuell gesehen sind Levitts Arbeiten somit eng mit dem Gedankengut des Surrealismus und seinem Ansatzpunkt der Stadt und Straße als Bühne eng verbunden. Auch Levitts Interesse am Thema des Kindes ist als Teil des surrealistischen Gedankens zentral.

Levitts Fotografien sind immer in den ärmeren, oft schwarzen oder multikulturellen Vierteln New Yorks aufgenommen. Es geht ihr aber weder um das Dokumentieren von politischen, psychologischen oder soziologischen Zuständen, noch um die Erforschung oder Ausbeutung des Sujets an sich oder dem Beweis einer Theorie. Vielmehr ist sie ausschließlich an den kleinen zwischenmenschlichen Momenten interessiert. In der Fotografie ist dies am Treffendsten durch Cartier Bressons „entscheidenden Augenblick" beschrieben: der fotografische Moment, in dem das ganze Leben in nur einer Aufnahme widergespiegelt wird.

Was den Betrachter berührt ist Levitts humane Fähigkeit mit Hilfe einzelner unprätentiöser Bilder erzählerischen – dennoch niemals sentimentalen Charakters Einsichten in das Wesen der zwischenmenschlichen Kommunikation zu finden. Visuelle Metaphern für Nähe, Zärtlichkeit, Liebe, aber auch Trennung und Trauer sind der Ausdruck von Levitts unverwechselbarem Blick.

Levitt war mit eng Cartier Bresson und Walker Evans befreundet und arbeitete auch lange mit Evans an seinen Ausstellungs- und Buchprojekten und war seit Beginn ihrer Karriere ein Teil der New Yorker Bohème. Levitt arbeitete neben ihrer eigenen Fotografie immer wieder an experimentellen Filmprojekten, wie zum Beispiel von Buñuel, mit. Sie realisierte aber auch eigene Filmprojekte (z.B. The Street 1944, The Quiet One 1946/47), für die sie große allgemeine Anerkennung sowie vielfache Auszeichnungen erhielt und die heute als Vorläufer des unabhängigen Low-Budget-Kinos zählen. In den 50er Jahren kehrte Helen Levitt ganz zur Fotografie zurück und experimentierte schon früh mit der Farbfotografie. Sie erhielt nacheinender zweimal den Guggenheim Fellowship.

Levitt ist eine der größten und wichtigsten noch lebenden Fotografinnen unserer Zeit und ihre Arbeiten liefern den Nachweis dafür, dass die tatsächliche Welt, in der wir leben, immer wieder ihre eigenen Zeichen und Mysterien ans Licht bringt. Levitts Arbeiten sind vielfach international ausgestellt. Öffentliche Sammlungen (u.a.): Art Institute of Chicago, Corcoran Gallery of Art, Washington, D.C., International Center of Photography, New York, International Museum of Photography at George Eastman House, Rochester, New York, Israel Museum, Jerusalem, Metropolitan Museum of Art, New York, Museum of Fine Arts, Boston, Museum of Modern Art, New York, National Museum of American Art, Washington, D.C., San Francisco Museum of Moden Art, Tokio Metropolitan Museum of Photography, Tokio, Museum of Contemporary Art, Los Angeles.

Arbeiten der Künstlerin